Gegen den Hass – Nordisches Modell jetzt!

Rede von Dr. Ingeborg Kraus auf dem 3. Weltkongress gegen die sexuelle Ausbeutung von Frauen und Mädchen in Mainz. 03.04.2019 https://www.capworldcongress.org – Lektorat: Angelika Fischer – Foto: Lena Reiner (Menschenfotografin)

Ich möchte diese Rede an unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel richten und an den deutschen Staat. Aus der ganzen Welt sind heute Menschen nach Deutschland gekommen weil Sie sich über die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland ernsthaft Sorgen machen. Ich hoffe, dass die deutschen Politiker und Politikerinnen auch anfangen sich Sorgen zu machen.

Das System Prostitution ist ein System der Gewalt die viele Gesichter hat: 

Es fängt schon bei der Bekleidung an: denn Gewalt ist auch zum Beispiel das völlige Nacktsein oder die leichte Bekleidung im Freien bei winterlichen Temperaturen. In der Straßenprostitution herrschen zudem mangelnde Hygienezustände, kein Schutz, keine Sicherheit, Dunkelheit, man ist den taxierenden Blicken ausgesetzt …

In den Bordellen sind die Frauen zuerst einmal „eingesperrt“. Wenn Personen ohne geschäftliche Absicht Kontakt zu den Frauen suchen, müssen sie sich mit den Betreibern „gut stellen“. Nicht jeder darf mit den Frauen sprechen. Die Frauen sind nicht frei.

In den Bordellen erleben die Frauen keinerlei Selbstbestimmung. Sie haben keine Berechtigung Forderungen zu stellen. Sie stehen in einem völlig asymmetrischen Verhältnis den Männern gegenüber:über 90% der Frauen kommen aus den ärmeren EU-Ländern. Die meisten sind unter 21 Jahre alt und sprechen kein Deutsch. Sie praktizieren keinen Safer Sex, können keine Grenzen setzen, nicht verhandeln. Für 30 Euro müssen sie alles, was die Freier möchten.

Es herrschen desaströse Arbeitszustände: die Frauen sind vom Unternehmen völlig abhängig: viele arbeiten, essen und schlafen in den Bordellen.

Gewalt sind auch die hohen Tagesmieten (bis zu 180,- € muss jede Frau täglich zahlen), was bedeutet, dass Frauen bis zu 6 Freier bedienen müssen, bevor sie überhaupt einen Euro verdienen. Die Ware Frau wird mittlerweile in Deutschland gemäß der Gesetze des härtesten Kapitalismus aufs Maximale ausgebeutet.

Flat-Rate Bordelle sind mittlerweile verboten, aber für 69,- € kann man 2 Frauen und „all you can drink“ erhalten. Es ist zynisch von der Bunderegierung diese Regulierungsansätze als Lösung und Erfolg zu bezeichnen!

Die Arbeitszeiten sind gesundheitsgefährdend: prostituierte Frauen müssen ständig für Kunden „parat“ sein und schlafen dementsprechend maximal 5 Stunden pro Nacht.

Viele Frauen leben in Deutschland wie Nomaden. Sie haben keinen festen Wohnsitz und werden von einem Bordell zum anderen verfrachtet, um den Sexkäufern Abwechslung zu bieten. Oft wissen sie gar nicht, wo sie sich befinden. Die kürzlich eingeführte Anmeldepflicht wird an diesem Zustand nichts ändern.

Grundsätzlich muss man sich fragen: Wenn man Prostitution als Sexarbeit bezeichnet – was ist dann das Arbeitswerkzeug?“ „Die Vagina einer Frau?“

Die Bezahlung für den Geschlechtsverkehr macht diesen Akt nicht besser. Es bleibt eine ungewollte Penetration, eine bezahlte Vergewaltigung. Zudem sind die Sexkäufer seit der Legalisierung perverser und die Praktiken entsprechend gefährlicher geworden. Die Gewalt gegen prostituierte Frauen hat sich dadurch natürlich erhöht.

Die Bewertungen der Freier in den Freierforen lässt erkenne, dass Prostitution gegen die Menschenwürde verstößt. Sie sehen es offensichtlich als ihr Männerrecht, Frauen zu erniedrigen und sie in jeglicher Weise zu benutzen. Es zirkulieren Menü-Listen mit Freierwünschen. Im Ausland löst dies Empörung aus und wird als Folter gesehen. Auch hier, will sich die Bundesregierung aus der Verantwortung stehlen indem sie manche Dienstleistungen mit dem Prostitutionsschutzgesetz verbietet, jedoch andere Leistungen wie Analverkehr, „Faustfick“, Zungenküsse oder „Spiele mit Scheiße und Sperma“ den Frauen zumutet. Prostitution kann nicht reguliert werden, man kann sie nur abschaffen!

Schwangere Frauen sind mittlerweile sehr begehrt bei den Sexkäufern. So sind späte Abtreibungen im Ausland sehr häufig oder viele Frauen geben kurz nach der Geburt ihr Kind zur Adoption frei. Der Stress und die emotionale Situation der schwangeren Frauen bei der Ausübung von Sex am Fließband ist nicht nur für die werdende Mutter schädlich, sondern auch für die Entwicklung des Kindes im Mutterleib   

Ärzte haben die Bundesregierung über diese Missstände informiert. Aber bezüglich des regulären Mutterschutzes wurde nichts verändert. Man muss sich ernsthaft fragen warum die Bundesregierung Experten zur Anhörung im Bundestag einlädt, wenn ihr Rat unmittelbar danach im Papierkorb landet und die Macht des Profits weiterhin die Politik regiert?

Kurz vor dem heutigen Weltkongress ließ das Bundesfamilienministerium über ihren Pressesprecher verlauten, dass „bei einem Sexkaufverbot wie in Schweden „die große Gefahr bestehe, dass die Sexarbeiterinnen in die Illegalität gedrängt werden und sie den Gefahren und Risiken des Gewerbes schutzlos ausgeliefert sind.“

Die Bundesregierung hat schon im Jahr 2004 eine große Bundesstudie zur Gewaltbetroffenheit in Auftrag gegeben: 82% der prostituierten Frauen erlebten Formen von psychischer Gewalt, 92% erlebten sexuelle Belästigung, 87% körperliche Gewalt und 59% sexuelle Gewalt. Auch diese Studie war für die Bundesregierung nicht mehr wert als das Papier auf dem es gedruckt war.

Als Antwort auf die Gewalt in der Prostitution hat die Bunderegierung auf einen Film von Madonna e.V. verlinkt, in dem Frauen geraten wird: wenn es gefährlich wird, ziehen sie ihre Stöckelschuhe aus und rennen sie so schnell wie möglich weg! Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man herzhaft darüber lachen!

Deutschland weigert sich diese Gewalt gegen Frauen zu sehen, es weigert sich hinzuschauen und die kriminellen Auswirkungen seines Gesetzes zu sehen. Ich frage mich mittlerweile was unsere Politiker so erblinden lässt? Ich möchte in diesem Zusammenhang die Klimaaktivistin Greta Thunberg zitieren: „wir leben in einer merkwürdigen Welt, in der die Politiker sagen, es ist zu teuer die Welt zu retten, während sie Milliarden Euros verwenden fossile Energieträger zu subventionieren, wir leben in einer merkwürdigen Welt wo sich jeder seine eigene Realität aussuchen und kaufen kann.“

HANDELN SIE ENDLICH!

Ungefähr 50% der Sexkäufer sind verheiratet oder leben in einer Beziehung. Täglich gehen ca. 1,2 Millionen Männer zu Prostituierten in Deutschland. Die Rechnung ist einfach: es sind nicht jeden Tag die gleichen Männer. Was wir auch realisieren müssen ist, dass Deutschland auch ein Land von Millionen betrogenen Frauen ist. Diese Frauen nennen sich „Schattenfrauen“, Frauen die sich im Schatten des Systems Prostitution befinden. Ihre Stimme und ihre Verletzungen werden nicht gehört. Sie bleiben allein mit der Demütigung und Beschämung, was auch ein typisches Merkmal von Traumatisierung ist. Vertrauen, gegenseitige Achtung und echte Intimität wird dadurch unmöglich und damit wirkt sich Prostitution zerstörerisch auf die Grundlage einer Paarbeziehung aus.

Das deutsche Modell schürt Hass! Die Freier hassen die prostituierten Frauen, die Prostituierten verachten die Freier, die Ehefrauen verachten ihre Männer so wie oft auch die Prostituierten Frauen. Es verpestet menschliche Beziehungen. Ein Staat, der so ein System legalisiert, verbreitet Verachtung und Hass zwischen den Geschlechtern. Er zerstört Beziehungen und traumatisiert Frauen und Familien über Generationen hinweg.

Nun etwas zu den psychischen Schäden durch die Prostitution:

Es gibt kaum Datenerhebungen über die Folgen der Prostitution. Hier möchte ich Ärzte und Helfer, die mit Prostituierten arbeiten zu Wort kommen lassen:

Durch die riskanten Sexpraktiken sind die Infektionsraten gestiegen. Eine wissenschaftliche Studie aus dem Jahr 2008, hat ergeben, dass 26% eine behandlungsbedürftige sexuell übertragbare Krankheit hatten. 42% der Frauen waren von einer akuten Infektion oder einer Infektion, die stattgefunden hatte, betroffen.

Die Studie aus dem Jahr 2001 in Deutschland hat herausgefunden, dass 60% der Frauen in der Prostitution ein voll ausgeprägte Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickelt hatten. Die Studie von Schröttle & Müller aus dem Jahr 2004 weist einen hohen Medikamentenkonsum auf: 67% der Frauen in der Prostitution nehmen Schmerzmittel ein, 38% Beruhigungsmittel.

Ein erst kürzlich erstellter Bericht eines deutschen Gynäkologen stellt fest, dass die Gesundheit der Frauen in der Prostitution verheerend ist: Mit 30 sind die Frauen schon vorgealtert, was ein Symptom von extremem und ständigem Stress ist. Alle Frauen leiden unter permanenten Bauchschmerzen, Gastritis und ständigen Infektionen durch die ungesunden Lebensverhältnisse. Nur durch Alkohol, Drogen und Medikamente können sie die emotionalen und seelischen Traumatisierungen ertragen.

Sabine Constabel, die seit über 20 Jahren mit Prostituiertenarbeitet, sagte mir, dass nur wenige Frauen den Ausstieg schaffen. Die Frauen arbeiten so lange, bis sie körperlich zusammenbrechen. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis das passiere.

Warum ist das so, fragte ich mich? Weil Prostitution den Willen bricht. Diese Frauen sehen keine Zukunft für sich, sie haben keine Träume, keine Identität außerhalb der Prostitution. Sie sind auf dieses konstruierte Wesen der „Prostituierten“ reduziert und finden keinen Weg mehr da raus. Sie sind in ihrem Trauma und ihrer Scham eingesperrt.

„Die jungen Frauen, die nach Deutschland kommen, so Frau Constabel, sind völlig überfordert, komplett traumatisiert. Viele verlangen nach ihren ersten Erfahrungen nach Psychopharmaka und Drogen. Sie sagen, anders sei ‚dieses Geschäft‘ nicht auszuhalten.“

Dasselbe berichtet auch Jana Koch-Krawcak, wenn sie als Street Workerin in die Bordelle geht. Sie begegnet verwahrlosten Frauen, die den Kontakt zu sich selbst völlig verloren haben. Sie reagieren verängstigt oder apathisch. Es erscheint offensichtlich, dass sie alles andere brauchen als Sex. Aber daneben stehen die Sexkäufer und scheren sich „einen Dreck“ darum. Sie lachen und amüsieren sich.

Wie geht das? Ich stelle mir die selbe Frage, die sich auch Caroline Emcke in ihrem Buch „Gegen den Hass“ gestellt hat. Ja, wie geht das, die Not der Menschen nicht zu sehen, sondern nur die eigenen Bedürfnisse? Wie geht das?

Es geht, weil Männer denken, ein Recht auf Sex zu haben und dafür Frauen benutzen zu dürfen. Die Frau wird zu einer Konsumware reduziert. Sie wird entmenschlicht, sie ist nur noch das. Das erlaubt dem Sexkäufer jegliche Form von Skrupellosigkeit, ihr Mitgefühl ist blockiert, an seine Stelle tritt Gleichgültigkeit.

Die Legalisierung und Normalisierung der Prostitution kommt einer Kapitulation gegenüber der Gewalt gegen Frauen gleich.

Männern wird signalisiert, dass sie Sex brauchen, dass sie eine regelmäßige Triebabfuhr brauchen um stabil zu bleiben um nicht sexuell übergriffig zu werden. Nach dieser Logik, haben sich also Männer nicht im Griff: das ist die versteckte Botschaft, die das System Prostitution vermittelt. Wenn es wirklich so wäre, dann müssten wir unser Grundgesetz schnellstens ändern. Denn dann wären Männer und Frauen nicht gleichgestellt. Wir müssten daraus ableiten, dass die Frau ein höheres Wesen ist. Denn Emotionsregulation und Frustrationstoleranz sind wichtige zivilisatorische Errungenschaften.

Das deutsche Prostitutionsmodell produziert die Hölle auf Erden. Das Leben und die Rechte dieser Frauen werden geopfert. Aber wofür? Verteidigen diese Gesetze unsere Demokratie? Schützen sie unser Land vor Invasion oder Terrorismus? Nein, diese Frauen werden dafür geopfert, dass einige Männer Sex haben können wann immer sie wollen und mit wem und wie sie es wollen. Und das ist das Problem. Es ist notwendig, dass wir unseren Fokus auf den Sexkäufer richten.

Es ist falsch zu glauben, dass männliche Sexualität nicht kontrollierbar ist. Männer haben einen neuen Weg zu erlernen, wie sie mit Frustration umzugehen haben. Auch deshalb ist die Einführung eines Sexkaufverbots fundamental wichtig.

Wenn wir über Prostitution sprechen, dann ist es notwendig, gleichzeitig darüber nachzudenken, in was für einer Gesellschaft wir eigentlich leben wollen und nicht nur über Schadensbegrenzung. Wir brauchen eine neue Generation von Männern, die nicht auf die sexuelle Ausbeutung und Beherrschung von Frauen zurückgreift, um sich zu behaupten.

Frau Merkel, Deutschland hat eine führende Rolle und auch Verantwortung in Europa. Es kann nicht sein, dass wir es zulassen, dass unsere Männer die vulnerabelsten Frauen sexuell missbrauchen und, wenn sie kaputt sind, einfach wieder wegwerfen.

Wir können und dürfen es nicht zulassen, dass wir wieder zu einer Gesellschaft des Wegschauens werden, Frau Merkel! Entscheiden Sie sich für die Abolition. Die Abolition ist mehr als ein Sexkaufverbot, mit der Abolition zeigen wir Haltung und bewahren unsere Werte.

Ich bedanke mich!

Dr. Ingeborg Kraus

Ein Gedanke zu „Gegen den Hass – Nordisches Modell jetzt!

  1. Maria Schlackl

    Danke, Dr. Ingeborg Kraus!! Unser Druck auf die politisch Verantwortlichen und viele andere (!!!) muss wachsen. Bei uns in Österreich braucht es auch diese wachsende Öffentlichkeit, die ich in D schon wahrnehme, bei uns jedoch noch vermisse. Ich leite die Initiative: Aktiv gegen Menschenhandel – aktiv für menschenwürde in OÖ seit 2014. Jährlich veranstelat ich mit der AG am 18.10. eine öffentlichkeitswirksame Veranstaltung und halte Vorträge und Workshops in Pfarren und Schulen. Herzliche Grüße! Maria Schlackl SDS

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