Archiv des Autors: Ingeborg Kraus

Der Mensch wird Entmenschlicht

Ein Gespräch zwischen SOLWODI und Lutz-Ulrich Besser, Gründer und Leiter des Zentrums für Psychotraumatologie und Traumatherapie Niedersachsen.

SOLWODI: Ist Prostitution ein Beruf wie jeder andere?
Lutz-Ulrich Besser: Bei dieser Tätigkeit handelt es sich keineswegs um einen Beruf wie jeder andere. Jedem, der sich damit beschäftigt, müsste klar sein, dass dieser sehr intime Vorgang, wenn ein „Freier“ in den Köper einer Frau eindringt – auch wenn dies vermeintlich einvernehmlich geschieht – nur erträglich wird, wenn die Frau dabei ihre Empfindungen von ihrem Bewusstsein abspaltet. Frauen in der Prostitution sind häufig in sozialen Notlagen und werden von Zuhältern genötigt, gedrängt und gezwungen. Das hat mit Ausbeutung und sexueller Erniedrigung zu tun – und ist ein Angriff auf die Würde der Frau. Weiterlesen

Internationaler Kongress zum Abbau der Prostitution – Stop Sexkauf – 5.-7.12.2014 – München

Die Frauen in der Prostitution erleben die Benutzung ihres Körpers durch fremde Männer von einem bis zu 20 oder 30 mal am Tag. Mit Schweden beurteilen wir diese Realität als Gewalt gegen Frauen. Eine Aufklärung über die konkrete Situation für die Frauen und die physischen, psychischen und mentalen Folgen für sie ist dringend notwendig. Frauen, die es geschafft haben, aus der Prostitution auszusteigen, melden sich zunehmend zu Wort. Sie berichten, dass sie ihre Wahrnehmung abspalten müssen und wie eine Maschine reagieren, um die Demütigungen und die Schmerzen auszuhalten, die ihnen durch die ständige vaginale, anale und orale Penetration zugefügt werden. Sie berichten, dass sie dieses Muster der Abspaltung durch Gewalterfahrungen in der Kindheit gelernt haben. Sie glauben, durch die Wiederholung dieser Traumata in eigener Entscheidung Kontrolle über die Situation und damit Stärke zu gewinnen. Das Gegenteil ist der Fall: sie perpetuieren die Traumata durch die ständige Wiederholung. Sie berichten von Entzündungen und Verletzungen in der Vagina, im After und im Mund- und Rachen sowie von Infektionskrankheiten wie Hepatitis B. Sie erleben Schmerzen bei der ständigen Penetration und dem Ausleben weiterer Handlungen der Freier bis hin zu Folter.

Der Kongress will aufklären über die Realität in der Prostitution, das hohe Risiko, das die Frauen tragen, die hohe Gewalt, die von Freiern ausgeht. Sie will den Mythen der Prostitution die Wirklichkeit entgegensetzen und deutlich machen, dass Sexkauf nicht erlaubt werden darf.

Folgende Diskussionsforen widmen sich dem Thema Trauma und Prostitution:

Die Realität in der Prostitution, Einstieg und Folgen: Aussteigerinnen/Überlebende berichten:

Rachel, Moran, Dublin/Irland, SPACE International; Tanja Rahm, Kopenhagen/ Dänemark, SPACE International; „Marie“, Deutschland, www.freiersblick.de; Jana Koch-Krawczak, Deutschland, Begleitung von  Projekten gegen Prostitution und Menschenhandel. Moderation: Dr. Ingeborg Kraus 

Trauma und Prostitution. Erfahrungen und Forderungen:

Dr. Muriel Salmona, Psychotraumatologin, Paris, Michaela Huber, Psychotraumatologin, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Trauma und Dissoziation, Dr. Ingeborg Kraus, Psychologin, Karlsruhe, Polina Hilsenbeck, Frauentherapiezentrum, München; Tanja Rahm, dänische „Survivor“ und Therapeutin. Moderation: Dr. Ingeborg Kraus.

Hier der Flyer zum Kongress: STOPSEXKAUF.Kongress