Therapie und Arbeit mit Sexkäufern

©Ein Vortrag von Dr. Ingeborg Kraus, am 11. November 2021 in Selb im Rahmen der internationalen Konferenz zu Zwangsprostitution und Menschenhandel.

Hier auch als PDF: Therapie und Arbeit mit Sexkäufern

 Karlsruhe, den 13.02.2022. 

Therapie und Arbeit mit Sexkäufern / Freiern / Prostitueurs

Inhaltsübersicht:

1. Der Freier: Eine soziale Konstruktion.
2. Studien über Sexkäufer.
–  Claudine Legardinier und Said Bouamama.

– Melissa Farley: Komparative Studie zwischen Sexkäufer und Männern, die keine Sexkäufer sind.
– Schwedischer Soziologe Mansson: Prostitution als Spiegel gesellschaftlicher Werte.
– Prostitution bringt auch Männer nicht weiter.
3. Mythos des netten Freiers.
4. Abspaltung und Gleichgültigkeit.
5. Sexkäufer in Freierforen.
6. Was macht es mit einer Gesellschaft?
– Sexkauf ist normalisiert. Eine Generation von Sexkäufer wird in Deutschland herangezogen.
– Sexuelle Gewalt erhöht sich dadurch im Allgemeinen in der Gesellschaft.
– Schattenfrauen
7. Therapeutische Erfahrungen mit Sexkäufern.
8. Was hat in der Therapie geholfen?
9. Bewusstseinswandel in der Gesellschaft.
10. Eine Schule für Sexkäufer: Frankreich als Beispiel.
11. Ausblick: Was muss dringend geschehen?

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Nie wieder Prostitution!

­­­­­Ein Text von Sandra Norak und Dr. Ingeborg Kraus. 18.09.2018.

Als Aktivistinnen gegen das System Prostitution haben wir uns durch die für den Prix Europa 2018 nominierte ZDFinfo Dokumentation „Bordell Deutschland – Milliardengeschäft Prostitution“ kenneng­­elernt, in der wir beide als Expertinnen zum Thema mitwirkten. Sandra Norak als Loverboy-Opfer, Aussteigerin von 6 Jahren Prostitution und angehende Juristin. Dr. Ingeborg Kraus als Diplompsychologin und Traumatherapeutin. In diesem gemeinsamen Text möchten wir unsere Erfahrungen und Perspektiven vereinen.

Manchmal erscheint ein Weg für uns sehr lang, manchmal zu lang, so dass wir glauben, dass wir nicht genug Kraft haben und es nicht schaffen, ihn zu Ende gehen zu können. Der Ausstieg aus der Prostitution und damit aus einem Milieu, das meist den Körper und die Seele dieses Menschen zerstört hat, ist ein ganz besonders langer und schmerzhafter Weg, der manchmal kein Ende zu nehmen scheint und auf dem man Hürden begegnet, die sich zunächst als unüberwindbar darstellen.

Immer wieder hören und lesen wir von Aussteigerinnen, die mit den Gedanken ringen wieder in die Prostitution einzusteigen oder letztlich wirklich zurückgehen, obwohl sie ihre bereits gemachte Prostitutionserfahrung als traumatisierend ansehen und Prostitution als Gewalt bezeichnen. Dieses Verhalten stößt bei vielen Außenstehenden auf Unverständnis.

Wir möchten mit unserem Text über die Schwierigkeiten des Ausstiegs aus der Prostitution aufklären und zugleich Frauen während des Ausstiegs sowie danach Mut machen.

Wenn in unserer Gesellschaft über Prostitution gesprochen wird, so hat sich durch das ProstG aus dem Jahr 2002 bei vielen die Vorstellung eingeprägt, dass sie ein Job wie jeder andere ist. Prostitution aber hinterlässt tiefe Narben an Körper und Seele. Der Ausstieg ist nicht vergleichbar mit einem einfachen Jobwechsel. Einmal in diesem Prostitutionssystem gefangen, kommen Betroffene oft nur schwer bis gar nicht mehr raus. Weiterlesen

Pressemitteilung anlässlich des Internationalen Tages gegen Prostitution

Prostitution zerstört Menschen. Sie ist schwere Gewalt. Prostitution als Arbeit zu bezeichnen verschleiert die Gewalt und ist dafür verantwortlich, dass Frauen in diese Gewalt abrutschen wo sie nur schwer wieder rauskommen. Prostitution kann und darf weder als Arbeit noch als Option dargestellt werden.

Die liberale Prostitutions-Gesetzgebung in Deutschland kommt einer kollektiven Entwürdigung von Frauen gleich und hat dazu beigetragen, dass Gewalt gegen Frauen gesamtgesellschaftlich gestiegen ist. Sie zementiert die Ungleichheit zwischen Mann und Frau und kommt einer Kapitulation vor der männlichen Gewalt gegen Frauen gleich. Sie wirkt als Katalysator für Zwangsprostitution, Zuhälterei und Menschenhandel und hat Deutschland zum Bordell Europas gemacht.

Die deutschen PolitikerInnen tragen eine historische Verantwortung in der Entwicklung einer Sexindustrie, die täglich tausende Opfer sexueller Ausbeutung verursacht. Der deutsche Staat verstößt somit gegen sein eigenes Grundgesetz und ignoriert im hohen Maße Europäische Empfehlungen, die effektiv gegen Menschenhandel und Gewalt an Frauen wirken.

Vor dem Hintergrund dieses politischen Komplett-Versagens aller etablierten Parteien brauchen wir einen sofortigen Kurswechsel durch die Einführung der Freierbestrafung nach Nordischem Modell.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Ingeborg Kraus

Zum Weiterlesen: https://www.trauma-and-prostitution.eu/2020/09/14/das-nordische-modell-zu-prostitution/

AFGHANISTAN  

In den letzten 3 Wochen haben uns die Bilder aus Afghanistan den Atem geraubt: Der kampflose Fall Kabuls; der dramatische Abzug der Alliierten; der Bombenanschlag der ISIS-K am Flughafen mit vielen Toten, sowohl US-SoldatInnen als auch Einheimische; die vielen Verbündeten, denen die Flucht über die Luftbrücke nicht gelang und die zurückblieben. Und heute die Taliban, die eine gewisse PR gelernt haben, ihre Ideologie jedoch nicht grundlegend verändert haben.

Die Verlierer sind die Frauen, alle Frauen! Schon vor dem Fall Kabuls wurde belegt, dass die Taliban in einigen von ihnen eroberten Gebieten die Bevölkerung aufgefordert haben, unverheiratete und verwitwete Frauen und Mädchen zwischen 15 und 45 Jahren zu melden. Warum? Um sie mit Taliban-Kämpfern zwangs zu verheiraten. Jede Frau ist heute in Afghanistan gefährdet, wenn sie sich nicht nach den Regeln der Scharia benimmt. Sie gilt dann als „Hure“ und wird nach den Regeln der Taliban bestraft: sie wird öffentlich ausgepeitscht, ihre Finger/Hände abgeschnitten oder sie wird erschossen/gesteinigt. Wegen kleinsten Vergehen ist alles möglich. Frauen haben keinerlei Rechte mehr! Und aus meiner therapeutischen Praxis mit afghanischen Geflüchteten in Deutschland konnte ich erfahren, dass die Taliban auch Frauen von ihren ermordeten Feinden sexuelle Gewalt zufügen und sie auch in einigen Fällen als Sexsklavinnen benutzen. Sexuelle Gewalt wird auch hier als Waffe eingesetzt. Übrigens auch an Jungs.

Viele afghanische Frauen, die sich im gestürzten Regime für die Freiheit eingesetzt haben, sind heute in ihrem Leben bedroht. Dafür, was für uns selbstverständlich ist, dafür müssen sie sterben. Sie haben sich für die Aufklärung und die Menschenrechte eingesetzt. Es sind mutige Frauen, jung und kämpferisch. Manche werden per Steckbrief von den Taliban gesucht. Sie verstecken sich und leben in Todesängsten. Weiterlesen

Sex, Scham, Schmerz – Artikel von Sebastian Mayr in der Augsburger Allgemeinen am 14.05.2021

Dieser Artikel erschien am 14.05.2021 in der Augsburger Allgemeinen in der überregionalen Printversion. Er zeigt was Prostitution wirklich ist und erklärt die schweren Traumafolgen, die oft für Aussenstehende nicht sichtbar sind. Hier kann man den ganzen Artikel lesen:  PDA-14052021-AZ@NU-003_SE3

Und hier ist der Link zur Online-Version: https://www.augsburger-allgemeine.de/neu-ulm/Region-Ulm-Corinna-war-Prostituierte-heute-kaempft-sie-gegen-ihr-Trauma-id59685801.html

Die Geschichte von Liliam Altuntas – Betroffene von Kinderhandel

Liliam Altuntas hat lange auf diesen Tag gewartet: Sie wollte in Deutschland in der Öffentlichkeit sprechen, sie wollte ihre Geschichte erzählen um zu sagen was ihr in diesem Land Wiederfahren ist. Sie wollte in der Sprache ihrer Täter sprechen: Auf Deutsch. Deutschland verließ sie schon vor Jahren, sie bemühte sich aber die Sprache nicht zu vergessen um eines Tages darüber zu sprechen, was ihr in Deutschland angetan wurde, was ihr hier gestohlen wurde.

Im anliegenden Video dürfen wir Liliam Altuntas sprechen hören. Einen ganz großen Dank an Sandra Norak, die dies ermöglichte.

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Wissenschaftliche Studien zu Gewalt, Traumafolgestörungen und Vor-Traumatisierungen bei Menschen in der Prostitution

Ein Text von Ingeborg Kraus, Karlsruhe, den 19.8.2020. Hier der Text als PDF-Format: Prostitution- Ein Krieg gegen Frauen-pdf1

Einführung: In letzter Zeit werden wieder Texte von Prostitutions-Befürwortern veröffentlicht, die Prostitution als Job wie jeden anderen darstellen und traumatische Folgen bestreiten. Das kann vielleicht für diejenigen auch so sein. Sie stellen aber nur eine kleine Minderheit dar und üben Prostitution oft mit körperlichem Abstand aus, meistens in Domina Studios. Hier habe ich ein paar Studien zusammengefasst, die auf ganz andere Schlussfolgerungen kommen. Es gibt noch viel mehr Studien die immer auf die gleichen Zahlen kommen: Prostitution ist gefährlicher als in den Krieg zu ziehen! Wir müssen daraus ableiten, dass Prostitution ein Krieg ist, der sich auf den Frauenkörpern austrägt.

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Prostitution kann nicht als ein Job wie jeder andere betrachtet werden, da sie traumatisierend ist. Zahlreiche Studien haben belegt, dass das Risiko in der Prostitution eine Posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln höher liegt als im Krieg zu sein. Weiterlesen

Offener Brief an die EKD & die Diakonie Baden

Offener Brief an die Evangelische Kirche in Deutschland, die Diakonie Baden und den Dekan der evangelischen Kirche Karlsruhe.

Karlsruhe, den 29.01.2021. Hier der Brief in PDF-Format: Offener Brief an die Diakonie-pdf2

Sehr geehrte Mitglieder des Rates der EKD, Sehr geehrte Mitglieder des Aufsichtsrates der Diakonie Baden, Sehr geehrter Herr Dekan Dr. Thomas Schalla,

vom 25.11. bis 10.12.2020 fand auch in Karlsruhe die weltweite Kampagne „Nein zu Gewalt an Frauen“ statt. Viele Gebäude wurden in Orange beleuchtet. So sollte das Problem von den Bürgern und Bürgerinnen stärker wahrgenommen werden. Zugleich riefen Gleichstellungsbeauftragte auf nicht weg zu schauen.[1]

Mit Erschütterung musste ich im Januar erfahren, dass das Diakonische Werk Karlsruhe in dieser Zeit eine Kooperation mit vielen Bordellbetreibern der Stadt Karlsruhe und Umgebung getroffen hat!

Mit diesem Schreiben fordere ich die Diakonie Baden auf, sich von diesen Kooperationen komplett und öffentlich zu distanzieren. Es soll auch überprüft werden, ob die Leitung der Diakonie Karlsruhe unter Herrn Stoll, den Zielen und den Bemühungen der Stadt Karlsruhe, sowie den vielen Organisationen, AktivistInnen und engagierte Bürgerinnen im Kampf gegen Gewalt an Frauen noch gerecht wird. Desweiteren fordere ich die Diakonie Baden auf, ihre Haltung zu Prostitution zu ändern, genauso wie es die Evangelische Kirche in Heidelberg getan hat. Hier ein Auszug aus ihrer Stellungnahme[2]dazu:

  • Prostitution entspringt immer einer Notsituation und ist somit nie freiwillig.
  • Prostitution bedeutet Abhängigkeit.
  • Prostitution macht körperlich und psychisch krank und ist deshalb eine Form der Körperverletzung.
  • Prostitution verletzt die Menschenwürde. 

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